Freitag, 29. März 2019

Ge*ä*ndert.

Lang, lang, ja wirklich laaaaaaaang ist es her, seit ich in diesem Blog das letzte Mal etwas geschrieben habe. In der Zwischenzeit habe ich fleißig studiert, hospitiert, praktiziert, dabei auch mal doziert, natürlich einiges ausprobiert, herumphilosophiert, und schließlich hat man mich das erste Mal in meinem Leben staatsexaminiert. Das habe ich nicht unterminiert, höhö...

Nun habe ich mir als zweites Lehramtsfach ganz bewusst eine Sprache rausgesucht, und war anfangs felsenfest davon überzeugt, dass mich die Linguistik in ihren Bann ziehen würde. Das erste Jahr war ich in diesem Bereich auch wirklich fleißig unterwegs, bin dann aber müde geworden und habe entgegen meiner Überzeugung festgestellt, dass ich mich wohl doch eher den Kultur- und Literaturwissenschaften vertiefen möchte. Natürlich nur soweit, wie es das Lehramtsstudium vorsieht - aber selbst das entspricht mehr als dem üblichen fachlichen Fremdsprachen-Bachelor. Interessanterweise stieß ich nun ausgerechnet im literarischen, später auch im bildungswissenschaftlichen Bereich auf ein Thema, was ich früher wohl eher der Linguistik zugeordnet hätte: "Geschlechtergerechte Sprache", oder auch: Gendern.

Ich muss zugeben, dass ich - wie sehr viele Nicht-Geisteswissenschaftler, inbgeriffen natürlich auch Nicht-Akademiker - dem Gendern grundsätzlich erst einmal skeptisch gegenüberstand. Dabei erinnere ich mich zum Beispiel an ein nettes Gespräch im Eine-Welt-Laden, an dessen Ende mich die Mitarbeiterin fragte, welchen Beruf ich habe, und mich nach meiner Antwort darauf hinwies, doch besser "MathematikerIN" zu sagen. Bis dato hatte sich noch nie jemand daran gestört, ob ich mich im Rahmen meiner Berufsbezeichnung auch gleich geschlechtlich oute. Damals empfand ich das als Besserwisserei.

Heute kenne ich viel mehr, wenn nicht fast alle Argumente der Gender-Befürworter und zu meiner Skepsis ist Verständnis gekommen. Verständnis dafür, dass sich einige Frauen nicht "mitgemeint" fühlen. Dafür, dass sie sich ggf. dadurch benachteiligt fühlen. Dafür, dass man tatsächlich eher an männliche Beispiele denkt, wenn ein Wort mit dem grammatisch männlichen Artikel daherkommt (Deutsche denken sich bei der Sonne eher eine Frau, Franzosen bei "le soleil" einen Mann). Dafür, dass die Erreichbarkeit von Berufen durch die Hervorhebung der weiblichen Form für Kinder deutlicher wird als ohne (so herausgefunden in einer der Studien, die ich dazu gelesen habe). Dafür, dass es Menschen gibt, die mit Gendersternchen* noch weitere Geschlechter "sichtbar" machen wollen.

Kurzum: Verständnis für die Wahrnehmung anderer und die daraus sinnvolle Konsequenz, wie diese Menschen ihre Sprache handhaben wollen. Dafür, dass sie aktiv an der Veränderung von Sprache mitwirken wollen. Und genau an dieser Stelle fügt sich von meiner Seite auch weiterhin Skepsis und Unverständnis an.

Skepsis, ob Geschlecht in unserer heutigen Gesellschaft durch sprachliche Kennzeichnung nicht mehr Gewicht bekommt als es haben sollte. Skepsis, ob man es nicht auch übertreiben kann und Bedeutung durch Partizipienbildung ("Studierende" statt "Studentin/Student", noch besser: Bankraubender statt Bankräuberin/-räuber) eben nicht eins zu eins beibehalten kann. Skepsis, ob die vermeintliche Lösung der Doppelnennung "Kundinnen und Kunden" nicht die nächste Genderdebatte (wer wird zuerst genannt?) entflammen könnte. Skepsis, ob nicht-geschlechtliche Bevölkerungsgruppen auch plötzlich "sichtbar gemacht werden wollen", weil sie sich nicht mitgenannt fühlen. Überspitzt formuliert hieße das in letzter Konsequenz: "Sehr geehrte Damen und Herren aller Hautfarben und Bundesländer sowie aus dem Ausland, liebe Rollstuhlfahrer*innen und Blinde..." Skepsis, ob durchgängig gegenderte Texte vereinbar sind mit dem Anliegen einfacher Sprache, die Texte für Leseschwache und Deutschlernende leichter zugänglich macht.

Unverständnis entwickle ich denjenigen gegenüber, die Menschen anderer Meinung - ob Genderbefürworter oder -gegner - als dumm, arrogant, selbstverliebt, uninformiert usw. darstellen. Unverständnis gegen Argumente, die mit einer Diffamierung einer Bevölkerungsgruppe ("alte weiße Männer") beginnen. Unverständnis, wenn man das Recht, was man für sich selbst einfordert (z.B. auf Ansprache als "X", "in",...) anderen vorenthält (... siehe mein Gespräch oben, ich habe mich damals gern als "MathematikER" bezeichnet). Unverständnis, warum man nach Meinungsumfragen, Rechtssprechungen und weiteren Abbildern der AKTUELLEN öffentlichen Meinung, die eher skeptisch gegenüber geschlechtergeschlechter Sprache scheint, trotzdem auf Teufel komm raus Sprache "von oben", das heißt per Gesetz und Verfügung, ändern will.

Nach all den Seminaren, Artikeln, Unterhaltungen und einigen Stunden eigenen Nachdenkens habe ich für mich beschlossen, dass ich im persönlichen Umgang mit Freunden, die gendersprachsensibel sind, ebenfalls Sensibilität zeige und dort eher geschlechtsneutrale Formulierungen wähle, vor allem wenn es sie betrifft. Ich habe entschieden, dass ich im Unterricht eher "alle" statt "jede/r" sagen möchte und, wo es geht, bei Rechenbeispielen auch mal Männer und Frauen in nicht-stereotypen Tätigkeiten einsetzen werde (z.B. "Papa kauft ein", "Die Bauingenieurin XXX will berechnen..."), und bei der Thematisierung von Berufen ebenso die Erreichbarkeit für alle deutlich machen will. Lieber wäre mir ehrlich gesagt, auf die Geschlechtsangabe in Aufgaben komplett verzichten zu können. Vielleicht werde ich sogar ab und zu ein Gendersternchen verwenden, Doppelnennungen nutzen. Aber ich werde sicher nicht alle verfügbaren Aufgaben ohne gegenderte Sprache aussortieren - dann lieber mal ein Bildchen von Ärzten (rein männlich) durch ein Ärztebild mehrerer Geschlechter ersetzen. Denn nicht nur Sprache prägt Denken, sondern auch Realität prägt Sprache.

Ich finde Sprache nach wie vor faszinierend, unter anderem weil sie sich dauernd verändert, und das nicht nur im Hinblick aufs Geschlecht. Allerdings bin ich sehr skeptisch gegenüber Sprachwandel "von oben" - ich erinnere dabei daran, wie der Begriff "Mädel" gesellschaftsfähig gemacht wurde! Wenn Gendern tatsächlich eine praktikable Lösung für Sichtbarkeitsdebatten ist, braucht es keine Sprachgesetze, dann setzt sich die Praxis von selbst durch gute Beispiele und ihre Nachahmung. Insofern, liebe Genderer und Gendererinnen: schreibt, bloggt, redet weiterhin geschlechtergerecht! Fühlt Euch nicht angegriffen von unsachlichen Debatten - reagiert aber auch nicht mit unsachlichen Argumenten, sondern lasst anderen ihre Wahrnehmung (wie zum Beispiel: "ich fühle mich durchaus mitgemeint"). Lasst andere schreiben, wie sie wollen und zeigt ihnen lieber anhand eigener Texte, wie praktikabel gegenderte Zeilen doch sein können.

Und wer weiß, vielleicht hat sich in ein paar Jahren die gesellschaftliche Spannung dieses Themas ge*ä*ndert ;)

Mittwoch, 16. November 2016

RECODE.

Vor ein paar Monaten wachte ich nachts um drei auf und hatte das letzte Bild, oder besser das letzte Wort aus meinem Traum immer noch vor Augen: "RECODE." stand da in bester Schreibmaschinenschrift - und ich wusste auch sehr gut, wo dieses Bild herkam. Die letzten Tage vor dieser Nacht hatte ich mich auf Arbeit mit dem Statistikprogramm SPSS beschäftigt und diesen Befehl, der Variablen umbenennen soll, immer wieder ausgeführt. Ich hatte die Aufgabe, Daten zu sortieren, anzuordnen, fehlerhafte Werte ausfindig zu machen, um Hinweise geben zu können, ob und wie diese berichtigt werden können... eine klassische Aufgabe für Datenjongleure, als der man als Mathematiker gern eingesetzt wird.

Im Gegensatz aber zu anderen Begriffen und Befehlen, die mir im letzten Jahr am Computer begegneten, brannte sich "RECODE." in jener Nacht bedeutungsvoll in meinem Hirn ein. Ich erinnerte mich daran, wie ich früher immer vom Minesweeper-Spielen geträumt und in der Konsequenz daraus die Windows-Spiele von meinem Rechner gelöscht hatte. Daran, wie ich im Studium jede zu programmierintensive Vorlesung gemieden hatte, weil mich die Arbeit vor der Konsole tatsächlich eher frustiert als erfreut hatte. Und nun saß ich Tag für Tag vor der Kiste und träumte von SPSS-Befehlen. RECODE. Aus alt mach neu. "Du musst einfach nur zufrieden damit sein, sei geduldiger, MuTZelchen!" Leicht gesagt.

War keine gute Nacht, die da. Und die Nächte danach auch nicht unbedingt.

RECODE. Im Gegenzug zu Variablen lassen sich Lebenswege nicht einfach von heut auf morgen umschreiben. Gerade für große Veränderungen braucht man meistens ziemlich viel Zeit. Und Geduld und Gelassenheit - meine "Spezialitäten" ;)

RECODE. Im Leben verlieren manche Variablen auch einfach einen Namen, ohne einen neuen zu bekommen. "Lieblingsessen" zum Beispiel früher der Kaiserschmarren und ist jetzt eine Wolke von Leckereien, aus der sich nichts als neuer Favorit herauskristallisiert. "Lieblingsmensch" ist auch grad frei...

RECODE. Gib dem Leben eine neue Bedeutung. Ich versuch's also nochmal: zurück an der Uni, Lehramtsstudium trotz Angst vorm Scheitern wieder aufgenommen und nun den Kopf füllen mit Sprache, Literatur, Kommunikation, Didaktik und sogar neuen Aspekten der Mathematik.

RECODE. Benenne das Gefühl "Angst" um in "Anspannung". Reagiere darauf nicht mit einem weiteren RECODE.

Kurzum: ich hab in den letzten Monaten ziemlich viele RECODE.s erlebt - teils selbst initiiert teils fremdprogrammiert - und versuche jetzt erstmal, die neuen Variablen zu ordnen und klarzukommen. Vielleicht gehört auch der Blog wieder dazu.

Samstag, 27. Februar 2016

Ich habe rassistische Gedanken. Und fünf Thesen.

Ich weiß gar nicht, wie ich anfangen soll. Vielleicht hiermit:

"Ich habe rassistische Gedanken."
Und: "Ja, ich wohne in Dresden."

Reicht, um das gängige Sachsen-Klischee zu bedienen, ne? Dann können alle, die nach Klischeebestätigung gesucht haben, jetzt aufhören zu lesen. Ich mach mal weiter mit den Thesen:

1) Wir alle haben rassistische Gedanken. Ein Rassist ist aber der, der daraus Handlungen ableitet.
Was sind eigentlich rassistische Gedanken? Ich würde sagen, es sind Vorurteile in Bezug auf Herkunft oder Rasse, so wie sexistische Gedanken Vorurteile in Bezug auf Geschlecht und Sexualität enthalten. Beide Debatten - die über Rassismus und Sexismus - werden emotional geführt, enthalten teils hohe Erwartungen an das korrekte Verhalten aller Beteiligten und können übertrieben werden. Stichwort "*innen", Stichwort "Negerpuppe", Stichwort "die Juden". Stichwort "Was darf ich eigentlich noch sagen?". Und was denke ich überhaupt?

Die Ja-Aber-Menschen, die ihre Sätze gern mit "Ich bin kein Nazi" beginnen, haben sicher - so wie ich - rassistische Gedanken. Und ich finde das verständlich, ich finde das sogar okay. Denn, mal ehrlich, denkt nicht jeder Deutsche beim Anblick eines andersfarbigen Mitmenschen erstmal ganz kurz an ein anderes Land und fängt an, Assoziationen mit eben diesem anderen Land abzurufen? Wenn dem nicht so wäre, würde das heißen, dass wir an die Anwesenheit Andersfarbiger so stark gewöhnt sind, dass sie uns nicht mehr als "anders" auffallen. Also im Prinzip auch nicht "andersfarbig" sind. Comprende?

[Hier kommt der nicht-sachliche, emotionale Part:]

Der erste Freund, den ich meinen Eltern vorgestellt habe, war schwarz. Und Sorbe. Und Schlagzeuger, by the way. Ich habe keine Ahnung mehr, woran ich gedacht hab, als ich ihn kennengelernt habe - aber zum Zeitpunkt unserer Beziehung sicher nicht an ferne Länder.
Ich habe - in Dresden - mit Menschen aus Spanien, Rumänien, Russland, Tschechien und Italien zusammengelebt, in Tübingen mit einem Ägypter, in Frankreich zusammen mit Niederländern und Engländern gearbeitet und habe bzw. hatte enge Freundschaften mit Leuten aus Griechenland, Japan und den USA. Ich bin in Frankreich couchsurfend umhergereist und dabei nicht nur bei Franzosen, sondern auch bei einem italienisch-niederländischen Pärchen, einem Marokkaner und einem indigenen Peruaner übernachtet. Im Gegenzug hat meine Couch auch schon Franzosen und einen Litauer beherbergt. Kurzum: ich glaube, ich bin ziemlich weltoffen.

Und trotzdem fühle ich mich "anders", wenn mir an der Haltestelle, im Bus oder in der Kneipe ein Mensch begegnet, der aus einem fremden Kulturkreis kommt, zum Beispiel aus nordafrikanischen Ländern. Ich unterhalte mich unheimlich gern mit Menschen aus anderen Kulturen - und speziell bei Nordafrikanern habe ich die Erfahrung gemacht, dass meistens wesentlich schneller nach einer Telefonnummer gefragt wird, als ich das von Deutschen oder "westlich" geprägten Europäern gewohnt bin. Dass ich viel eher gefragt werde, ob ich verheiratet oder in einer Beziehung sei und wenn ich verneine, dann sehr schnell die "Aber Du bist doch so eine schöne Frau"-Phrase gedroschen wird. Auf der einen Seite ist mir das unangenehm, auf der anderen Seite verstehe ich, dass es einfach kulturell bedingt anders ist. Keiner, mit dem ich geredet habe, hat bisher auch nur ansatzweise Avancen gemacht, körperlich zu werden. Aber: ich habe dieses Verhalten im Hinterkopf und "erwarte" es quasi, wenn ich einem vermeintlichen Nordafrikaner begegne. Das ist ganz klar ein Vorurteil aufgrund der Herkunft eines Menschen, aka ein rassistischer Gedanke. Bin ich jetzt Rassist?

Ich glaube nicht, dass wir uns von Vorurteilen bzw. Gedanken aufgrund des Aussehens des Gegenübers komplett lösen können, und das heißt im Umkehrschluss, dass wir nicht vollkommen frei von rassistischen Gedanken sein können. Allein das Bewusstsein, dass wir rassistisches Gedankengut in uns tragen, ist vielleicht auch ganz gut. Damit können wir immer wieder frei wählen, inwiefern wir auf die inneren Vorurteile reagieren, ob wir die Schublade füllen und schließen oder vielleicht offen lassen, um gegebenenfalls den Einsortierten wieder herausholen zu können.

Allein der Fakt, dass ich mich (männlichen) Nordafrikanern gegenüber etwas unsicher fühle, macht mich meiner Meinung nach nicht zum Rassisten. Im Gegenteil, vielleicht macht es mich sensibel für die Andersartigkeit des Gegenübers, über die ich ja auch manchmal mehr erfahren will. Und ja, es ändert auch mein Verhalten - aber nicht in Richtung Ablehnung, sondern eher in Richtung "freundliche Vorsicht", die sich sehr oft in Wohlgefallen auflöst. Bei anderen optischen oder akustischen Eindrücken verändern meine Vorurteile mein Verhalten sogar in eine positive Richtung, zum Beispiel bei "südostasiatischen" Gesichtern, schwedischen Akzenten, Jeans-und-T-Shirt-Männern... dann will ich oft automatisch mehr über den anderen wissen und bin vielleicht einen Zacken freundlicher als beim Nullachtfuffzehn-Straßenköterblondschopf mit Gelfrisur und Karohemd (das saß, was?). Ist das dann positiver Rassismus?

Wenn wir gar nicht mehr vom Äußeren her auf die Herkunft anderer schließen würden, entginge uns dann nicht auch der Ansatz für kulturelle Austausche? Ich traue mich ja schon gar nicht mehr, Menschen anderer Hautfarbe ohne Akzent zu ihrer Familiengeschichte zu fragen, aus Angst vor unterstelltem Rassismus. Dabei freue ich mich selbst sehr, wenn mich Leute aufgrund meines Dialektes oder (im Ausland) Aussehens nach meiner eigenen Herkunft fragen... wo beginnt rassistisches Verhalten und wo hört es auf? Vielleicht ist Rassismus nicht nur schwarz-weiß, sondern hat ebenso Graustufen? Und vielleicht sollten wir vermeintlichen Rassisten eher klar machen, dass man aus "Der-ist-fremd"-Gefühlen nicht immer eine Abwehrhaltung ableiten muss?

2) Sachsen "ist" nicht rechts. Aber Sachsen hat sehr wohl ein rechtes Problem.
Dieser Punkt ist ziemlich einfach: Menschen mit tatsächlich rechter und (verhaltens)rassistischer Gesinnung sind in Sachsen in der Minderheit. Es stimmt leider, dass diese Minderheit größer ist als die rechte Minderheit in anderen Bundesländern. Und ja, das ist absolut scheiße. Aber deswegen muss man das Land bzw. nicht alle dort lebenden Leute gleich mit verurteilen. Das erzeugt Widerwillen, Rechtfertigungsgehabe und saugt Energie, die man an anderer Stelle vielleicht besser einsetzen könnte.

3) Stolz und Scham sollten sich auf Dinge beziehen, die man selbst verursacht hat.
Dieser Punkt ist streitbar, sicher. Klar kann man "stolz auf Deutschland" sein, und dann darf man sich sicher auch fremdschämen für Deutsche. Ich finde aber den Gedanken schöner, dass man nur stolz auf eigene Leistungen und beschämt über selbst verursachten Bockmist sein sollte. Verantwortung für die Handlungen anderer werde ich erst übernehmen, wenn ich Mutter oder Chef bin. Oder vielleich meine Eltern pflege.

4) Einen Ort meiden, weil eine Minderheit dort Scheiße baut, bedeutet Sippenhaft für die Mehrheit.
Dies ist eine Ansage an diejenigen, die in letzter Zeit vollbrünstig mit Anti-Sachsen-Kommentaren auf diverse Artikel reagieren- so à la "Die Sachsen sollen erstmal mit Ihrer rechten Sch... klarkommen, dann fahr ich vielleicht wieder hin.":
  • Ihr kennt also Sachsen per Ferndiagnostik sehr gut, ja? Schade, dass Ihr Euch vor Ort nicht von der Richtig- oder Falschheit Eurer Meinung überzeugen wollt.
  • Danke für die Unterstützung bei der Verbesserung der Situation - es war schon immer leichter, allein mit Problemen klarzukommen als mithilfe von Freunden...
  • Ach, in Leipzig ist demnächst ein cooles Konzert? Und Leipzig ist ja auch eigentlich ne Ausnahme im rechtsradikalen Sachsen? Na dann...
  • Hm, irgendwie wird Sachsen momentan nicht bunter dadurch, dass Ihr und Eure bunten Freunde wegbleibt. (Und das finde ich EHRLICH schade!)
  • Wo fahrt Ihr dann im nächsten Urlaub lieber hin? Selbstfindungstrip nach Indien? Genau, da existiert ja gar kein Rassismusproblem...
Ehrlich, es nervt! Und hier habe ich auch grad wirklich keine Lust, sachlich zu argumentieren - es kann sich eigentlich jeder selbst zusammenreimen, das Vermeidung nicht zur Verständigung beiträgt. Stichwort "Wirtschaftsembargo" für wahlweise Kuba, Russland, Libyen... die Bevölkerung dort hat meist nix davon gehabt.

5) Nicht jeder kann sich für bzw. gegen alles und jedes engagieren. Aber eine Meinung haben und vertreten geht.
"Ihr Sachsen, kriegt endlich Euren Arsch hoch und schaut nicht einfach zu." Gehe ich mit. Habt Ihr Recht.
Aber die Art und Weise - ob per Gesichtzeigen in Facebook, Patenschaft übernehmen für Flüchtlinge, montags bei PEGIDA mit Demonstranten reden (auch das gibt's!), Plakate kleben, Plakate abreißen, Geld für bürgerschaftliches Engagement spenden oder sich für Plattenbaukinder einsetzen, damit dort rechtes Gedankengut gar nicht erst auftritt - sollte jeder selbst bestimmen dürfen.

Soweit meine Meinung. Ich gebe ab an Jan Böhmermann.

Dienstag, 23. Februar 2016

Neulich im Buchladen

Ich bin ja nicht so das Shopping-Girl, aber wenn es eine Ladenart gibt, die mich immer wieder schwach werden lässt, dann sind es wohl Buchläden. Allen voran die kleinen, privat geführten, wo die Verkäufer auch tatsächlich noch Bücher und nicht nur Buchempfehlungen lesen. Und so bin ich gestern, dem aufkommenden Regen ausweichend, auf dem Dresdner Bischofsweg in ein "Modernes Antiquariat" spaziert und fand mich in einem Sammelsurium meiner bisher gelebten und geliebten Lektüre wieder... wirklich, da waren eine Menge Titel, die ich schon gelesen und meistens auch für gut befunden hatte!

Aus diesem Grund verweilte ich etwas länger und versuchte, die Anordnung der Bücher zu verstehen, um dann gezielt nach einzelnen zu suchen. Ich bin nämlich gerade dabei, mein Leseregal zu Hause mit meinen Lieblingen zu vervollständigen, damit ich sie bei Gelegenheit zitieren oder Freunden ausleihen kann. Meine bisherige Bücherstrategie - kaufen, lesen, verschenken - hat bei diesen Werken nämlich immer zum Nichtvorhandensein bei akutem Bedarf geführt.

Als ich das Buch also nicht gefunden habe, fragte ich beim Ladeninhaber nach Kästners "Notabene '45" und fand mich, schwups, in einer Unterhaltung über den Autor wieder. Und wie wir so zwei, drei Sätze austauschten, meinte der mit dem Buchhändler befreundete Gast ganz trocken: "Der Kästner ist in meinen Schlafzimmer geboren worden." - Ich: "Königsbrücker Str. 66?" - Er, überrascht: "Ja, vierter Stock."...

Ich gebe zu, diesen Mann hätte ich gern aus Kästner-Groupie-Gründen mal in seinem Schlafzimmer besucht!

Donnerstag, 18. Februar 2016

Dem Kästner sein Optimierungsalgorithmus

"Indes sie forschten, röntgten, filmten, funkten, entstand von selbst die köstlichste Erfindung: der Umweg als die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten." - Erich Kästner

Ich glaub, da geh ich mit ;)

Mittwoch, 23. Dezember 2015

Bratapfelspezialistin

Neulich am Bratapfelstand, ich komme mit Kunden ins Gespräch und es ergibt sich, dass ich meinen Hochschulabschluss erwähne. Daraufhin: "Und was machen Sie jetzt?" - "Bratäpfel verkaufen." Es folgt ein leicht irritiertes Gesicht auf der Gegenseite, dann Lachen und schließlich der gute alte abgewandelte Geisteswissenschaftler-kauft-Pommes-Witz:

"Was sagt ein arbeitsloser Mathematiker zu einem, der Arbeit hat?"
- "Nen Bratapfel, bitte!"

Ich liebe diesen Job!

Sonntag, 14. Juni 2015

Zurück!

Und das seit zweieinhalb Wochen... ich muss dringend berichten!

Montag, 25. Mai 2015

Internetionales Weltenbummeln

Da sitz ich nun im "Adler Luxury Hostel" in Singapur und spuere das erste Mal seit ein paar Wochen wieder eine richtige Tastatur unter meinen Fingern. Mein Smartphone wollte mir nicht mehr weiterhelfen beim Checkin fuer den morgigen Rueckflug, also mache ich Gebrauch vom "Complimentary Laptop Use" (=Laptopangebot). Und wo ich schon mal da bin, kann ich auch gleich eine Runde bloggen...

Ich war nur zweieinhalb Wochen in Malaysia und in diesem Falle kann ich das NUR noch einmal speziell betonen. Bewaffnet mit einem grossen und einem kleinen Rucksack, einem deutschsprachigen Reisefuehrer und einem internetfaehigen Mobiltelefon habe ich wahrscheinlich das typische Backpackerprogramm absolviert: Grossstadtluft und Tempelduefte in Kuala Lumpur schnuppern, Teeplantagenbesichtigung in den Cameron Highlands, Trishaw fahren in Penang, Schnorcheln und Sonnenbrand kurieren auf den Perhentian Islands und zum Abschluss noch einmal durch den Regenwald im Nationalpark Taman Negara trotten. Wandern im Stechschritt scheint mir aufgrund der feuchten Hitze nicht moeglich, mich zumindest hat das Klima ganz automatisch ausgebremst. Da freut man sich ueber jedes Tierchen, was entlang des Weges als "Ausrede" zum Anhalten herhalten kann ;-)

Der Transfer von einem Ort zum anderen gestaltete sich anders als urspruenglich erwartet: eigentlich wollte ich den oeffentlichen Fernverkehr nutzen und war guter Dinge, zu diesem vor Ort auch genuegend Informationen in Form von Zeittafeln und Linienplaenen zu bekommen. Online war im Vorhinein leider nicht soviel ausfindig zu machen - und so war es dann auch im Land selbst. Die innermalaysische Zugstrecke scheint derzeit komplett eingestellt zu sein, sodass mein Traum vom Dschungelzug leider abgefahren ist. Stattdessen arbeiteten wir uns von touristischen Hoehepunkt zu touristischen Hoehepunkt in mehr oder weniger bequemen touristischen (Klein-)Bussen - Kennenlernen anderer Touristen garantiert! Eigentlich schade, dass ich so nur wenig von der echt-malaysischen Alltagskultur kennenlernen konnte. Aber vielleicht ist das auch etwas viel verlangt fuer den knappen Reisezeitraum? Wer Deutschland in zwei Wochen 'absolvieren' will, wird auch nicht komplett eintauchen koennen.

Viele der anderen Reisenden waren mehrere Monate unterwegs, aber kaum einer unter ihnen hatte fuer Malaysia mehr als zwei, drei Wochen eingeplant - insofern sind meine Eindruecke wahrscheinlich sehr Backpacker-authentisch. Und so konnten wir auch als Normalurlauber unsere Erfahrungen an Langzeitreisende weiterreichen, die unsere Stationen in anderer Reihenfolge abklapperten. Im Austausch dafuer gab es Tipps fuer moegliche kommende Aufenthalte in Thailand, Kambodia und Indonesien...

Waehrend dieser Reise ist mir aufgefallen, wie stark ich mich in den vergangenen drei Jahren an die Dauerpraesenz des Internets gewoehnt habe. Es gab auch in Malaysia praktisch keine Herberge, wo man nicht wenigstens ab und zu eine Internetverbindung hatte - ganz im Gegensatz zum Telefonnetz. Und so war facebook zugegebenermassen ein treuer Reisebegleiter, mit dem ich immer mal wieder kulinarische Fotogruesse in die Welt gesendet habe. Auch Bus- und Flugbuchungen wurden per Smartphone erledigt, wobei sich mein gerade mal drei Jahre altes Telefon im Vergleich zum I-Phone meiner Reisebegleitung ein kleiner stoerrischer Esel war. Den ich allerdings sehr lieb habe und nicht sofort gegen ein teures Rennpferd eintauschen moechte!

Auch - oder gerade - hier in Singapur ist das Smartphone omnipraesent. In der Metro sieht man eigentlich nur Menschen auf ihre Mini-Bildschirme starren.
Doch bevor ich selbst den Tag vor einem grossen Rechner verbringe, verabschiede ich mich hiermit und mache mich auf den Weg ins singapurische Nationalmuseum...

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Danke für den Artikel....
Danke für den Artikel. Er trifft m.E. so manchen Nagel...
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